Washington D.C.

Mitten in meiner quality time mit New York liegt ein kurzer Ausflug nach Washington D.C. Hier war ich noch nicht und bin offen für Überraschungen. Schnell wird klar, dass ich Washington D.C. besser kenne als gedacht – durch Politik in Film Buch und Fernsehen. Wenn ich dann durch das breit angelegte Zentrum der Macht spaziere wirkt aber doch nochmal alles gigantomanischer als in der Vorstellung. Das Washington Monument ragt in seiner vollen Pracht über die Stadt – erbaut im Jahr 1884 als damals größtes Gebäude der Welt. Es ist schon wirklich sehr riesig, fast so als hätte damals jemand kompensieren müssen.

Vom Washington Monument aus geht es direkt zum Capitol auf der einen, zum Lincoln Memorial auf der anderen Seite, dazwischen geht ein Park in einem 90 Grad Winkel ab und mündet im Weißen Haus, dem Sitz der Macht. Alles zu Fuß abzugehen dauert endlos, überall steht ein Denkmal für sämtliche bemerkenswerte Ereignisse der Vergangenheit. Die vielen Kriegsdenkmäler zeigen wie oft das Land in Kriege involviert ist (oder schlimmer).

Diejenigen US-Amerikaner*innen, die in diesen Kriegen ihr Leben ließen, haben am Arlington Cemetery ihre letzte Ruhe gefunden, es ist ein Nationalheiligtum. Hier sind über 400.000 Soldat/innen begraben, auch die Kennedys ruhen hier. Alles ist geschniegelt und gestriegelt, die Natur zeigt sich in diesem April in vollster Pracht. Endlos reihen sich die Gräber aneinander, diese weißen kleinen Grabsteine die jeweils für ein Leben stehen. Gelegentlich hört man Schüsse zu Ehren eines oder einer Gefallenen, eben bestattet. Wir erleben auch einen Begräbniszug, ein Sarg mit amerikanischer Flagge zieht durch den Friedhof, die engsten Angehörigen gehen dahinter und dem nach folgt eine Autokolonne. Wieder sind es die Helden und Heldinnen die hier verehrt werden, gefallen ehrenwertest für ihr Land.

Washington D.C. hat ein ganz eigenes Flair, man könnte meinen zwei Gesichter. Einerseits ist es kleinstädtisch und gemütlich, die Uhren scheinen anders zu ticken. Die Stadt ist still und leise, keine rumorenden Geräusche mehr wie in New York, wo ständig etwas lärmt und kreischt. Es ist fast als wäre man in einer Schneelandschaft gelandet, wo Geräusche einfach verschluckt werden. Bei meiner ersten Busfahrt durch die Stadt steigt der Fahrer bei irgendeiner Ampel plötzlich aus – er muss mal – und lässt den Bus stehen bis er eben fertig ist. Das ist mir in einer Hauptstadt bis jetzt noch nicht passiert, spricht aber sehr für den entschleunigten Flair der Stadt. Auf der anderen Seite sind mir wohl noch nie so viele feinst gekleidete ungeheuer wichtig anmutende Menschen auf der Straße begegnet. Es wimmelt vor lauter Senator*innen, Kongressmitarbeiter*innen, Lobbyist*innen. Immer wieder gibt es Straßensperren und eine Autokolonne voller SUVs mit abgedunkelten Scheiben zieht durch die Stadt, vorne und hinten umrahmt von Polizeibegleitung. Das passiert hier wirklich ständig, den Joe habe ich allerdings nicht erspäht – dann wären es nämlich 9 SUVs mit abgedunkelten Scheiben gewesen.

Am Tag der Abreise sehe ich noch ganz zufällig eine Pressekonferenz auf dem Rasen des Capitol Hill. Hier wird eine Neuauflegung des Green New Deal präsentiert. AOC und Liz Warren sind unter den Redner/innen, sie stehen in einer Menge mit Plakaten und vor unzähligen Kamerateams. Es ist schon besonders, das so live und first hand miterleben zu dürfen.

Abschließend gibt es noch zwei Highlights, die ich für einen Besuch in Washington D.C. jeder/m ans Herz legen kann: Das ist zum einen das National Museum of African American History and Culture in dem man wunderbar einen Tag verbringen kann. Das Museum ist, so wie alle in der Stadt, kostenlos zugänglich. Und das Viertel Georgetown, das am Fluss liegt und schon ewig alt ist, mit kleineren Häuschen und total nettem Flair und guter Küche ist jedenfalls mindestens einen gemütlichen Abendspaziergang wert.


Tipps to go:

Wenn man das Kapitol besuchen möchte, empfiehlt es sich schon gleich beim Buchen des Washington-Aufenthalts eine Tour zu buchen. 4 Wochen davor war in meinem Fall leider nicht ausreichend.

Öffi-Ticket: Um die Öffis nutzen zu können benötigt es eine Karte, die man für 2$ kaufen kann und dann auflädt. Ein 3-Tages Ticket um aktuell 28$ lohnt sich eher nicht, zu günstig sind die Bus- und Metrotickets außerhalb der Stoßzeiten. Je nachdem was man vor hat kann man das Ticket dann individuell aufladen – am besten dafür bei einer Ubahnstation nach Automaten suchen.

Kulinarisch

Das Curry N Spice bietet absolut deliziöse indische Küche zu guten Preisen, gut gelegen in Georgetown.
Bei einem Rundgang um das politisch Herzstück Washingtons liegt Pho79 nicht weit - großartiges Pho zu guten Preisen.

26. April 2023